Mythor - 056 - Die Amazonen von Vanga by Haensel Hubert

Mythor - 056 - Die Amazonen von Vanga by Haensel Hubert

Autor:Haensel, Hubert [Hubert, Haensel]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-10-24T04:00:00+00:00


4.

Die Tapferkeit der einzelnen ist der unbeugsame Wille, am Leben zu bleiben, der mit der Bereitschaft zu sterben einhergeht. Indes ist nicht nur jene tapfer zu nennen, die einem übermächtigen Feind die Stirn bietet, sondern auch die, welche vor dem heraufziehenden Unheil scheinbar die Flucht ergreift, um der Gefahr dann aber mit vernichtender Härte in den Rücken zu fallen.

(Aus der Lehre der Vervollkommnung)

*

Es hatte Burra eine goldene Kette und einen Armreif gekostet, das Luftschiff zu erwerben, in dessen offener Gondel sie über die See schwebten und das den stolzen Namen Donnersturm trug.

Unter ihnen erstreckte sich die endlos scheinende Weite des Meeres, nur unterbrochen vom Grün einiger Inseln, die im Schein der Sonne wie winzige Edelsteine auf tiefblauem Samt schimmerten.

Es war ein erhebendes Gefühl, die Welt aus einem Blickwinkel heraus zu erleben, aus dem Entfernungen zu einem Bruchteil zusammenschrumpften, mit den Vögeln zu ziehen, losgelöst von aller menschlichen Schwere…

In der Ferne zeichnete sich die Düsternis der Schattenzone ab. Sie trieben schnell darauf zu.

»Ob Jodrel wirklich nach Gorgan gelangte?« Diese Frage bewegte nicht nur Gorma, die sie aussprach, sondern auch die anderen, die geschworen hatten, an Burras Seite zu bleiben.

Keine wußte eine Antwort darauf.

Vor ihnen wurde ein Schiff sichtbar, das mit prallen Segeln nach Westen fuhr. Die Mannschaft bestand zum größten Teil aus Männern, die sich unter Deck zurückzogen, als sie der Amazonen ansichtig wurden.

Lautlos glitt der Donnersturm vorüber.

Wenige Wolken standen am Himmel, die ein leichter Wind zu immer neuen Gestalten formte.

Das Luftschiff trieb den Schatten entgegen, die in der Ferne auf den Wellen lagen. Die Sonne, die in der ersten Hälfte des Tages stand, verlor an Leuchtkraft. Ihre Strahlen wärmten kaum noch.

Plötzlich schienen aus der Tiefe aufsteigende Nebel die goldene Scheibe zu verdecken. Der Schatten wuchs beständig an, bis er das Gestirn mit geradezu dämonischer Gier verschlang.

Einige letzten Lichtfinger huschten über das Wasser. Wo die Sonne gewesen war, bereitete sich ein helles Leuchten aus, das sich gleich einem Regenbogen über das Firmament spannte. Tatsächlich erstrahlte es in vielen Farben, die aber blasser wurden, je weiter das Luftschiff in die Dämmerzone eindrang.

Den Anblick, der sich ihr jetzt bot, war Burra gewöhnt. In diesem düsteren Licht, das dem eines Regentags im Süden von Vanga glich, fühlte sie sich geborgen. Die Erfahrung von mehr als zwölf Jahren ihres Lebens ließ sich nicht von heute auf morgen leugnen.

Sie überflogen eine größere Insel. Der Wind war kräftiger geworden, hatte aber gleichzeitig gedreht. Er blies nun aus Südwesten und trieb den Donnersturm, in die falsche Richtung. Zwar noch immer dem Schattenreich entgegen, doch lag das Gorgan-Tor linker Hand, in der Nähe der Insel Tau-Tau, deren Vulkan schon von weitem zu sehen sein mußte.

Anfangs hatte Burra Mühe, das Luftschiff mit Hilfe des mehr als dreißig Schritte langen Schwanzes und der beiden riesigen Flügel so zu steuern, daß es gegen den Wind kreuzte. Mit der Zeit aber lernte sie, und die Fahrt wurde wieder schneller.

Stunden vergingen. In großer Ferne - man mußte schon scharfe Augen besitzen, um es überhaupt wahrzunehmen - stieg eine dünne Rauchsäule in den Himmel. Vielleicht stammte sie von einem Ausbruch des feuerspeienden Berges auf Tau-Tau.



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